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Medikamente abgelaufen – und jetzt Medikamente abgelaufen – und jetzt Medikamente abgelaufen – und jetzt

Interview: Medikamente abgelaufen – und jetzt?

Zur Rose Infos 22. März 2023

Das Wichtigste in Kürze

  • Medikamente haben ein Verfallsdatum. Mehr
  • Nehmen Sie keine abgelaufenen Medikamente ein, da diese ihre Wirkung verändern und Nebenwirkungen entstehen können. Mehr
  • Flüssige und halbfeste Medikamente wie Tropfen, Säfte, Sprays, Salben oder Crèmes haben eine Aufbrauchfrist und sollten nur innerhalb der angegebenen Frist verwendet werden. Mehr
  • Bewahren Sie Medikamente in der Original-Verpackung auf, um sie vor äusseren Einflüssen zu schützen. Mehr
  • Medikamente müssen korrekt gelagert werden, um wirken zu können. Mehr
  • Haben Sie bei Dauerrezepten maximal einen Drei-Monatsvorrat an Medikamenten zu Hause. Mehr
  • Bringen Sie abgelaufene Medikamente zur Entsorgung in eine Apotheke. Mehr

Ein Nasenspray vom letzten Sommer oder die Tropfen für die vergangene Bindehautentzündung – in der Hausapotheke finden sich oft abgelaufene Medikamente. Im Interview erklärt der Zur Rose Apotheker Simon Stromeyer, was es dabei zu beachten gilt, warum nicht alle Darreichungsformen gleich lange haltbar sind und was Sie tun können, um die Zahl abgelaufener Medikamente zu verringern.

Warum abgelaufene Medikamente problematisch sein können

Wieso sollte man Medikamente nach dem Verfallsdatum nicht mehr einnehmen?
Simon Stromeyer: Ein abgelaufenes Medikament kann weniger gut oder gar nicht mehr wirken. Wie schnell Medikamente ihre Wirksamkeit verlieren, hängt von den darin enthaltenen Wirkstoffen ab, der Darreichungsform sowie der Zeit, die seit dem Verfallsdatum verstrichen ist. Zudem können bei abgelaufenen Medikamenten Nebenwirkungen auftreten – was besonders bei längerer Einnahme mehrerer Medikamente oder einer Dauertherapie die gesamte Therapie beeinflussen kann.
Natürlich ist ein vor zwei Wochen abgelaufenes Medikament meist weniger problematisch als eines, das seit Jahren abgelaufen ist. Doch die Sicherheit ist auch bei einem erst kürzlich abgelaufenen Medikament nicht mehr gewährleistet. Darum empfehle ich generell, Medikamente nur bis zum Verfallsdatum einzunehmen.

Wie häufig kann man anhand des Geruchs oder Aussehens erkennen, dass sich die Wirkstoffe in Medikamenten verändert haben?
Simon Stromeyer: Selten. In den allermeisten Fällen sieht oder riecht man nicht, ob sich Wirkstoffe verändert oder abgebaut haben. Darum ist es so wichtig, das Verfallsdatum zu beachten.

«Nehmen Sie Medikamente nur bis zum Verfallsdatum ein.»

Das ist mit Verfallsdatum und Aufbrauchfrist gemeint

Medikamente haben ein Verfallsdatum. Was bedeutet das?
Simon Stromeyer: Die Wirkstoffkonzentration eines Medikaments kann mit der Zeit abnehmen. Das Verfallsdatum eines Medikaments besagt, wie lange dessen Wirksamkeit garantiert werden kann. Nach dem Verfallsdatum sollte man Medikamente daher nicht mehr einnehmen.

Wo sieht man das Verfallsdatum eines Medikaments?
Simon Stromeyer: Das Verfallsdatum eines Medikaments ist auf der äusseren Medikamenten-Verpackung aufgedruckt.

Und wenn jemand die Verpackung weggeworfen hat?
Simon Stromeyer: Bei Medikamenten wie etwa Tabletten oder Kapseln ist das Verfallsdatum auch auf dem Blister aufgedruckt. Da stehen neben «EXP» der Monat und das Jahr, bis wann die Wirksamkeit des Medikaments gewährleistet wird. «EXP» bedeutet «Expiry date», was auf englisch «Verfallsdatum» heisst.

Medikamente in flüssiger oder halbfester Form haben nebst dem Verfallsdatum eine Aufbrauchfrist.
Was versteht man darunter?
Simon Stromeyer: Flüssige Medikamente wie Sirup, Saft oder Tropfen und halbfeste Medikamente wie Crèmes und Salben sind nach dem Öffnen nur noch eine bestimmte Zeit haltbar. Die Aufbrauchfrist besagt, wie lange ein geöffnetes Medikament verwendet werden darf. Die Zeitspanne ist je nach Wirkstoff unterschiedlich lang. Es gibt Medikamente, die nach dem Öffnen einige Tage, andere hingegen beispielsweise zwölf Monate lang angewendet werden dürfen. Sind flüssige und halbfeste Medikamente erst einmal geöffnet, gilt die Aufbrauchfrist.

Wo ist die Aufbrauchfrist vermerkt?
Simon Stromeyer: Die Aufbrauchfrist ist auf der Flasche, Tube oder äusseren Verpackung aufgedruckt. Da steht dann zum Beispiel «12M», wenn das Medikament nach dem Öffnen innerhalb von 12 Monaten aufgebraucht werden sollte.

Empfehlen Sie, sich das Datum zu notieren, wenn man ein Medikament mit einer Aufbrauchfrist zum ersten Mal öffnet?
Simon Stromeyer: Auf jeden Fall. Beim ersten Öffnen würde ich das Datum direkt auf die Verpackung schreiben, damit man es gleich sieht. Noch besser wäre es, sich das Datum zu notieren, bis wann man das Medikament verwenden darf – so erspart man sich das stetige Rechnen.

Darum sind Medikamente unterschiedlich lange haltbar

Wie lange sind verschiedene Darreichungsformen – also beispielsweise Tabletten, Tropfen, Salben oder Sprays – in der Regel haltbar?
Simon Stromeyer: Feste Formen wie etwa Tabletten oder Kapseln sind meist länger haltbar als flüssige Formen wie Tropfen, Säfte oder Emulsionen. Nebst der Form hängt die Haltbarkeit auch von den Wirkstoffen ab. Es gibt Wirkstoffe, die deutlich empfindlicher sind als andere. Ein Beispiel ist die Acetylsalicylsäure, die etwa in einer Aspirin-Tablette enthalten ist. Je länger diese Tablette abgelaufen ist, desto mehr kann sich hydrolytisch Acetat abspalten – was durch Essiggeruch bemerkbar werden würde. Die Abspaltung kann die Wirksamkeit beeinflussen.

Warum sind flüssige und halbfeste Darreichungsformen weniger lange haltbar?
Simon Stromeyer: In den flüssigen oder halbfesten Formen können sich Keime sammeln, was zu Entzündungen führen kann. Halten Sie sich bei Augen- und Nasentropfen deshalb unbedingt an die Aufbrauchfrist. Nach dem Verfallsdatum kann es auch zu Veränderungen der Konsistenz kommen. Bei einem abgelaufenen Hustensaft zum Beispiel können sich die Bestandteile voneinander trennen und Verklumpungen entstehen. Das ist zwar häufig nicht gefährlich, kann allerdings die Wirksamkeit und auch den Geschmack des Hustensafts negativ beeinflussen.

«Bewahren Sie Medikamente immer in der Originalverpackung auf.»

Warum Medikamente korrekt aufbewahrt werden müssen

Kann eine falsche Lagerung die Wirksamkeit von Medikamenten schon vor dem Verfallsdatum beeinträchtigen?
Simon Stromeyer: Ja – auch wenn nicht alle Wirkstoffe gleich empfindlich sind. Der in Blutdrucksenkern vorkommende Wirkstoff «Nifedipin» ist zum Beispiel sehr lichtempfindlich. Liegt ein solches Medikament ohne Verpackung auf dem Tisch, kann sich die Wirkung des Medikaments durch die Lichteinstrahlung schon deutlich reduzieren. Aufpassen sollte man auch beim Aufbewahren im Spiegelkasten des Badezimmers: Werden Medikamente dort ohne Verpackung aufbewahrt, reicht der Lichteinfall beim Öffnen des Spiegelkastens, um lichtempfindliche Wirkstoffe zu schädigen.

Was kann die Wirkung von Medikamenten sonst noch beeinträchtigen?
Simon Stromeyer: Wärme und Kälte können ein Medikament ebenfalls schädigen. Liegt ein Medikament beispielsweise im Sommer am Strand in der Tasche oder im Winter über Nacht im Auto, kann übermässige Wärme beziehungsweise Kälte die Wirkstoffe verändern, so dass ein solches Medikament weniger oder gar nicht mehr wirkt.

Ist Wärme oder Kälte schädlicher für Medikamente?
Simon Stromeyer: Wärme schadet Medikamenten in der Regel mehr als Kälte. Es hängt aber auch von der Darreichungsform ab. Manche Crèmes zum Beispiel dürfen unter keinen Umständen zu kühl gelagert werden. Deshalb ist es immer ratsam, im Beipackzettel zu schauen, wie ein Medikament gelagert werden soll.

Wenn also Medikamente beispielsweise mehrere Stunden beim Skifahren in der Jackentasche der Kälte ausgesetzt sind, schadet das nicht?
Simon Stromeyer: Bei Tabletten macht das nichts. Bei Medikamenten in flüssiger Form besteht die Gefahr, dass sie kristallisieren. Das kann den Wirkstoffen schaden und ist deshalb nicht zu empfehlen.

So lagern Sie Medikamente richtig

Wie lagert man Medikamente am besten?
Simon Stromeyer: Medikamente sollten an einem Ort gelagert werden, an dem es weder zu warm, noch zu kalt ist. Für die meisten Medikamente ist Raumtemperatur ideal. Zudem sollten Medikamente lichtgeschützt gelagert werden. Am besten legt man Medikamente zu Hause in der Original-Verpackung in einen Schrank oder eine Schublade.

Welche Medikamente müssen im Kühlschrank gelagert werden?
Simon Stromeyer: Medikamente, die kühl gelagert werden müssen, sind zum Beispiel Insulinpräparate, Antikörper sowie diverse halbfeste Zubereitungen wie Salben oder Gele. Bei gekühlt zu lagernden Medikamenten ist besondere Vorsicht geboten: Aufgrund falscher Lagerung können sich Wirkstoffe verändern und es kann zu problematischen Nebenwirkungen kommen. Weil das schwierig zu erkennen ist, würde ich bei Unsicherheiten in der Arztpraxis oder Apotheke nachfragen.

Spielt es eine Rolle, ob man Medikamente mit oder ohne Verpackung aufbewahrt?
Simon Stromeyer: Ich empfehle generell, Medikamenten-Verpackungen nicht wegzuwerfen, sondern Medikamente immer in der Original-Verpackung aufzubewahren. Die Verpackung schützt das Medikament vor äusseren Einflüssen.

Wie Sie die Anzahl abgelaufener Medikamente verringern

Was kann man tun, um nicht so viele abgelaufene Medikamente zu Hause zu haben?
Simon Stromeyer: Es ist wichtig, nicht zu grosse Mengen an Medikamenten zu Hause im Vorrat zu haben. Ich empfehle darauf zu achten, Medikamente in der passenden Anzahl zu beziehen. Personen mit Dauerrezepten sollten zu Hause Medikamente für maximal drei Monate vorrätig haben.

Wohin mit den abgelaufenen Medikamenten?


Apotheken nehmen abgelaufene Medikamente kostenlos zurück und entsorgen diese fachgerecht. Mehr zur richtigen Entsorgung von abgelaufenen Medikamenten lesen Sie hier: «So entsorgen Sie Medikamente richtig»

 

Sollte man bei Medikamenten also eher die kleineren Packungen vorziehen?
Simon Stromeyer: Kleinere Packungen sind vor allem geeignet bei einer akuten Erkrankung mit absehbarem Ende. Ebenfalls sinnvoll sind kleinere Packungen zu Beginn einer neuen Therapie. Da kann es sein, dass ein Therapiewechsel nötig ist, weil ein Medikament nicht gut vertragen wird, zu wenig wirkt oder zu starke Nebenwirkungen hat. Bewährt sich eine längerfristige Therapie, kann man dann zu grösseren Packungen wechseln. Auch bei chronischen Beschwerden mit Dauerrezept sind grössere Packungen sinnvoll.

Apotheker Simon Stromeyer Apotheker Simon Stromeyer

Dieser Artikel ist entstanden in Zusammenarbeit mit:

Simon Stromeyer , Apotheker bei der Online-Apotheke Zur Rose